Pandemien im Geschichtsunterricht
Was kann man vom Umgang mit der „Spanischen Grippe“ lernen?
Epidemien hat es in der Menschheitsgeschichte immer wieder gegeben. Bereits in der Antike berichteten namhafte Autoren wie Thukydides von Seuchen, die verheerende Auswirkungen auf den Alltag der Menschen hatten. Auch unser Leben ist seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie massiv eingeschränkt. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass die Menschheit im Laufe der letzten Jahrtausende immer wieder Strategien gefunden hat, Krisen, die durch Seuchen ausgelöst wurden, zu bewältigen.
Doch was genau kann man aus der Geschichte der Pandemien lernen? Unser Geschichtsleistungskurs hat sich dieser Frage gewidmet, indem er die „Mutter der Pandemien“, die sogenannte „Spanische Grippe“, näher untersucht hat.
Daniel Schirra
Joline Gilles, aus dem Leistungskurs Geschichte von Herrn Schirra, hat dazu Folgendes verfasst:
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich vieles in unserem Leben verändert - unser Alltag wurde in vielen Bereichen auf den Kopf gestellt: Vom Tragen eines Mund- und Nasenschutzes über Abstandhalten bis zum regelmäßigen Desinfizieren der Hände.
Doch all dies ist keineswegs neu. Vor gut 100 Jahren befand sich die Menschheit schon einmal in einer ähnlichen Lage: Zwischen 1918 und 1920 versetzte die „Spanische Grippe“, auch bekannt als Influenza, die Menschen in Angst und Schrecken. Sie kostete Schätzungen zufolge zwischen 20 und 50 Millionen Menschen das Leben und veränderte die Welt nachhaltig.
Was kann man aus der damaligen Situation lernen? Diese Frage haben wir uns in unserem Geschichts-LK gestellt und zunächst einmal die beiden Pandemien näher untersucht.
Am Wenigsten lassen sich wahrscheinlich die Opferzahlen der „Spanischen Grippe“ und COVID-19 vergleichen, da die Corona-Pandemie noch längst nicht vorbei ist. Außerdem ist es schwierig, gesicherte Zahlen für die Auswirkungen der „Spanischen Grippe“ zu erhalten. Man kann sich also nur auf Schätzungen verlassen.
Auch die Altersgruppen der Todesopfer unterscheiden sich erheblich. Während heute eher ältere Menschen oder chronisch Erkrankte versterben, waren damals überwiegend junge Leute betroffen.
Ein weiterer großer Unterschied liegt darin, dass die Forschung und das Gesundheitssystem in den westlichen Staaten heute besser auf eine Pandemie vorbereitet sind.
Gemeinsam haben die beiden Pandemien, dass sie beide als globales Phänomen aufgetreten sind. Die „Spanische Grippe“ trat, anders als zunächst angenommen, höchstwahrscheinlich in Kansas zum ersten Mal auf und breitete sich nach dem Kriegseintritt der USA (1917) im Frühjahr 1918 nach Europa aus. Von dort aus verbreitete sich die tödliche Krankheit, bedingt durch Truppentransporte und schlechte Hygienebedingungen im Zuge des Krieges, wie ein Lauffeuer und hatte bald fast den kompletten Planeten eingenommen.
Ähnlich wie heute gab es damals etliche Verschwörungstheorien über die Ausbruchsursachen der Pandemie. Das bekannteste Gerücht damals war, dass die „Spanische Grippe“ durch Konservendosen aus Spanien importiert wurde, die zuvor von der Deutschen Armee vergiftet worden seien. Heute behaupten Verschwörungstheoretiker zum Beispiel, dass Bill Gates die Pandemie verursacht habe.
Damals wie heute empfahlen viele Mediziner frühzeitig Hygiene- und Quarantänemaßnahmen, wie zum Beispiel Abstandsregeln und das Meiden größerer Menschenansammlungen. Während die Verantwortlichen 1918 aufgrund des Ersten Weltkrieges eher zögernd handelten und versuchten, die Gefahr kleinzureden, wurde bei COVID-19, zumindest in Deutschland, relativ schnell gehandelt. Die Politiker damals versuchten einerseits die Gefahr des Virus kleinzureden, um die Moral an der Front nicht zu gefährden. Andererseits hatten die Menschen durch den Ersten Weltkrieg viele andere Probleme, um die sie sich zunächst kümmern mussten.
Die Daten zur „Spanischen Grippe“ zeigen klar, dass es nur zu solch riesigen Opferzahlen kam, da mit den notwendigen Hygienemaßnahmen erst viel zu spät begonnen wurde. Zum Beispiel wurde in der US-Metropole Philadelphia eine Parade mit über 200.000 Teilnehmern veranstaltet, und dass obwohl die „Spanische Grippe“ zu dem Zeitpunkt schon mehr als ein halbes Jahr lang ausgebrochen war. Dementsprechend ist es kein Wunder, dass die Parade mehrere Tausend Tote forderte. In der Großstadt St. Louis hingegen wurden unmittelbar drastische Abstands- und Hygienemaßnahmen verhängt, wodurch die Sterberate achtmal niedriger war als in Philadelphia.
Insgesamt kann man erkennen, dass die „Spanische Grippe“ und die Corona-Pandemie nicht das Gleiche sind. Dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen der Situation damals und heute. Die Geschichte zeigt, dass es in jeder Krisensituation Verschwörungstheorien gibt, denen Menschen mal mehr und mal weniger Beachtung schenken. Die allermeisten davon stellen sich im Nachhinein jedoch eindeutig als falsch heraus. Weiterhin zeigt die Beschäftigung mit der „Spanischen Grippe“ ganz klar, dass frühzeitige Hygiene- und Quarantänemaßnahmen Leben retten können und daher unbedingt von allen Menschen befolgt werden sollten.
In der aktuellen Pandemie hat man gegenüber früher einige Vorteile: Man hat in den letzten 100 Jahren viel Erfahrung im Umgang mit Pandemien gewonnen. Weiterhin bringt die Digitalisierung Erleichterung mit sich: Viele Kleinunternehmen haben durch das Internet die Chance, weiterhin zu bestehen und immer mehr Menschen ist es möglich, von zu Hause zu arbeiten und somit ihren Job zu behalten. Lehrer und Schüler können ebenfalls digital miteinander kommunizieren.
Corona ist noch längst nicht vorbei und wir können uns sicher sein, dass diese Pandemie einen riesigen Schaden zurücklassen wird. Jedoch ist es schön zu sehen, dass unser Alltag mit dem Beginn des neuen Schuljahres zumindest wieder ein bisschen zurück in Richtung Normalität gelenkt wird.
Insgesamt betrachtet werden wir die Ausmaße von Corona mit denen der Influenza erst richtig vergleichen können, wenn alles vorbei ist, was hoffentlich bald der Fall sein wird.
Foto: wikipedia, Artikel "Spanische Grippe", Daniel Schirra| Text: Daniel Schirra Joline Gilles (Q2)
— [Daniel Heisig-Pitzen]